Statement vom Atkionsbündnis Antira zur Polizeigewalt am 1. Mai

Polizei und Senat bringen Gewalt in unseren Alltag, in unsere Kieze und unsere Demonstrationen!

Statement zur institutionellen Polizeigewalt am revolutionär-antirassistischen 1. Mai in Berlin!

Am 1. Mai 2021 haben sich bis zu 25.000 Menschen am Hermannplatz in Berlin-Neukölln versammelt, um inmitten einer der schwersten sozialen Krisen, die die kapitalistische Produktions- und Lebensweise verursacht hat, für globale Solidarität und die Rekonstruktion internationalistischer Klassenkämpfe zu demonstrieren.

Mit dem Bewusstsein darüber, dass von der aktuellen Corona-Pandemie vor allem arme, migrantisierte und illegalisierte Menschen (sehr oft Frauen*) im globalen Norden und Süden am stärksten betroffen sind, hat die diesjährige Revolutionäre 1.-Mai-Demonstration zu Vergesellschaftung, internationaler Solidarität und Globalen Sozialen Rechten in Pandemiezeiten aufgerufen. Schulter an Schulter haben wir ein klares Zeichen gesetzt, dass wir in unseren Kämpfen zusammenstehen, dass wir gemeinsam eine befreite, gerechte und solidarische Gesellschaft ohne Grenzen fordern.

Die Berliner Polizei und der Senat aus SPD, Grünen und Linken haben dagegen ein anderes Zeichen gesetzt: Sie haben offensichtlich bereits im Vorfeld entschieden, unsere Demonstration zu kriminalisieren und anzugreifen. So hat die Polizei etwa 30 Minuten nach dem Start am Hermannplatz damit begonnen, die Demonstration auf niederträchtigste Art und Weise zu blockieren, zu kriminalisieren und blutig kaputtzuschlagen.

Unter absurden Vorwänden und ohne Durchsagen oder Kommunikation mit der Versammlungsleitung hat die Polizei die 25.000 Menschen große Demonstration an drei verschiedenen Abschnitten voneinander getrennt und den mittleren Teil eingekesselt. Mit den dann folgenden Gewalteskapaden wollten sie die vielen, teilweise sehr jungen migrantisierten und nicht-migrantisierten Antifaschist*innen abschrecken, sich politisch weiter zu engagieren. Das war ein klarer Versuch, nicht nur die Demonstration, sondern unsere ganze Bewegung zu spalten! Doch eine Bewegung könnt ihr nicht spalten!

Der mittlere Teil der Demonstration befand sich nach der Trennung durch die Polizei auf der Karl-Marx-Straße an einer Engstelle um eine Baustelle. Über eine Stunde lang haben hunderte Polizist*innen die Menschen dort auf engstem Raum zusammengepfercht und verängstigt, die Abstandsregeln während der Pandemie missachtend. Eine Massenpanik wurde seitens der Sicherheitskräfte dabei in Kauf genommen. Weder ist die Polizei auf wiederholte Deeskalationsversuche der Ordner*innen eingegangen, noch hat sie den Grund mitgeteilt, warum der Abschnitt eingekesselt wurde. Erst nach einer Stunde hieß es über die Lautsprecher der Polizei, dass die Nichteinhaltung des Mindestabstands und das Nichttragen einer Mund-Nasen-Bedeckung zum Ausschluss geführt hätten. Weitere 30 Minuten später erklärte die Polizei die Demo für beendet.

Dabei trugen grundsätzlich alle Demonstrierenden Masken, so steht es auch in allen Presseberichten. Während der Auftaktkundgebung haben die Moderator*innen und während der Demonstration die Ordner*innen auf die AHA-Regeln aufmerksam gemacht und Alkohol konsumierende Menschen gebeten, sich an den Rand der Demo zu bewegen. Dass die Demonstration friedlich beginnen und enden sollte, war dem Organisationsteam ein zentrales Anliegen. Alle waren um Deeskalation bemüht, denn es ging um die politischen Inhalte und nicht darum, der konservativen Boulevardpresse Stoff für ihre Schlagzeilenhetze zu bieten. Aber im Türkischen sagt man: „Vor Dreck kann man nicht wegrennen, er bleibt an dir hängen!"

So mussten wir mit Entsetzen und Wut zusehen, wie junge Menschen, BIPOCs, Genoss*innen, Sympathisant*innen von der von Rassisten und rechtsextremen Netzwerken durchsetzten Deutschen Polizei willkürlich angegriffen, bewusstlos zusammengeschlagen, festgenommen und eingesperrt wurden. Viele Demonstrant*innen wurden nach der Demo zur GeSa gebracht und teilweise erst im Laufe des Folgetages freigelassen. Drei Menschen wurden einem Haftrichter vorgeführt und sitzen unseren Angaben nach in U-Haft. Den festgenommenen Aktivist*innen wurde der Zugang zu Toiletten, Essen und Kontakt zu Anwält*innen verweigert und sie sahen sich teilweise extremer Hitze ohne Wasser ausgesetzt. Sogar Teilnehmende mit Kindern wurden schikaniert und daran gehindert, an der Demo weiter teilzunehmen.

Es kann nicht sein, dass sich Menschen gegen Schlägertrupps der Polizei wehren und dann auch noch dafür bestraft werden. Die Berliner Polizei spielt mit unserem Leben, bringt Gewalt und beraubt uns unserer friedlichen Demonstrationen! #Polizeigewalt und #institutionellerRassismus sind das Problem!

Denn mit dem gestrigen Angriff waren wir alle gemeint! Die Polizeigewalt richtete sich gegen unsere politischen und sozialkämpferischen Allianzen, in denen wir gegen die militarisierte Gewalt des Grenzregimes gegen Geflüchtete kämpfen, gegen rechtsterroristische Gewalt gegen Migrant*innen, Jüd*innen und Antifaschist*innen, und gegen die strukturelle, tagtägliche Gewalt gegenüber Niedriglohnarbeitenden in Krankenhäusern, in Pflegeeinrichtungen und Spargelfeldern, bei Lieferando, Amazon, Tönnies & Co!

Die unverhältnismäßige und exzessive rassistische Polizeigewalt während der #BlackLivesMatter-Demonstation nach dem Mord an George Floyd im Sommer 2020 hat sich am 1. Mai fortgesetzt – mit Strategien, die stark an die Polizeieinsätze während des G20-Gipfels in Hamburg erinnern. Und das nicht nur in Berlin! Auch in Frankfurt ist die Polizei am 1. Mai so brutal gegen Demonstrierende vorgegangen, dass die Demosanitäter*innen mit der ärztlichen Versorgung nicht hinterherkamen. Die Zerschlagung der Demonstrationen am 1. Mai war eine politische Entscheidung gegen migrantische Selbstorganisierung und gegen die Tradition der Revolutionären 1.-Mai-Demonstrationen. Es ist abscheulich, dass sich Senat und Polizei dabei auf die Unterstützung durch eine hetzerische Berichterstattung über gewaltbereite Demonstrant*innen verlassen können. Auch die dreiste von der Polizei gestreute Lüge, der Versammlungsleiter selbst habe die Veranstaltung aufgelöst, nachdem er aus der Menge heraus angegriffen wurde, ist von den Medien ohne Überprüfung verbreitet worden.
Wir werden das so nicht stehen lassen!

Unser Kampf für eine radikale Veränderung der gesellschaftlichen Macht- und Herrschaftsverhältnisse und unsere Kämpfe gegen institutionellen Rassismus und Repression gegen linke Genoss*innen werden weiterwachsen! Wir sind jung, wir sind stabil und eure Kinder werden so wie wir!

Wir werden die erschreckenden Gewalterfahrungen der Festgenommenen und Betroffenen der Polizeigewalt nachverfolgen, dokumentieren und gegen die schwerwiegenden Verletzungen von Personen und ihren Rechten vorgehen. Die Betroffenen müssen umfassend entschädigt werden! Alle Verantwortlichen in Sicherheitsbehörden und Politik sind zur Rechenschaft zu ziehen! Und es ist endlich Zeit für eine unabhängige Studie über institutionellen Rassismus in der Polizei – um die rechten Strukturen und Netzwerke in einer Behörde aufzudecken, die niemals entnazifiziert wurde.

Vor allem fordern wir den sofortigen Rücktritt von Polizeipräsidentin Barbara Slowik und Innensenator Andreas Geisel! Geisel ist nicht nur verantwortlich für die willkürlichen Gewaltexzesse seiner Polizei, er lässt auch weiterhin Abschiebungen in Gewaltregionen durchführen – mittlerweile sogar im Alleingang und gegen den Willen seiner eigenen Partei.
All diese Forderungen werden wir am Samstag, den 8. Mai auf die Straße tragen! Demonstrieren wir gemeinsam gegen Rassismus und Nazis in den Sicherheitsbehörden. Denn die erschreckenden Geschehnisse rund um die 1.-Mai-Demonstration haben mal wieder gezeigt: #IhrSeidKeineSicherheit!

Wir aber werden unsere Kämpfe fortführen und weiter miteinander verbinden – von Moria bis #Hanau, von #Minneapolis bis zur DW-Enteignungskampagne, von Globalen Sozialen Rechten bis hin zu Dekolonialen Klimapolitiken! Denn so wie es ist, kann es nicht bleiben, und wird es nicht bleiben!

Yallah, Klassenkämpfe!

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